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WIE KOEXISTIEREN RELIGIONSFREIHEIT UND MEINUNGSFREIHEIT IN EUROPA?

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Gemeinsam gegen Gewalt im Namen der Religion:

Wie koexistieren Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit in Europa?

Paris, 15.-16. Juni 2015

 

Am 15. und 16. Juni 2015 hielt das Internationale Dialogzentrum KAICIID, mit Sitz in Wien, sein europäisches Medienforum über die universellen Menschenrechte Religions- und Meinungsfreiheit in Paris ab, bei dem europäische Religionsvertreter, Journalisten und Organisationen der Zivilgesellschaft zusammenkamen. Das Forum ist Teil der Umsetzung der Wiener Erklärung  “Gemeinsam gegen Gewalt im Namen der Religion”, die im November 2014 verabschiedet wurde. Im selben Kontext folgte die Konferenz im Mai 2015 in Beirut, Libanon über die Wahrung der religiösen und kulturellen Diversität in Syrien und Irak.

Das Medienforum wurde organisiert mit der Unterstützung von KAICIID-Direktoriumsmitglied und Metropolit von Frankreich, Seine Eminenz Metropolit Emmanuel. Teilnehmer waren die KAICIID-Direktoriumsmitglieder Swami Agnivesh, Vater Miguel Ayuso, Dr. Sayyed Ata'ollah Mohajerani, Reverend Kosho Niwano, Oberrabbiner David Rosen und Dr. Mohammed Sammak. Eingeladen waren Religionsvertreter aus europäischen buddhistischen, christlichen, jüdischen, hinduistischen und muslimischen Gemeinschaften sowie führende Organisationen der Zivilgesellschaft wie etwa Article 19, das Internationale Presseinstitut (International Press Institute) und Mediengesellschaften wie BBC, European Broadcasting Union, El País, Reuters, Religion News Service, La Vanguardia und andere.

Die folgenden Organisationen unterstützten das europäische Medienforum: der Ökumenische Rat der Kirchen (World Council of Churches); die Konferenz Europäischer Rabbiner; das Hindu Forum of Europe, die Europäische Buddhistische Union; das Islamic Cultural Centre of the United Kingdom; Ein jüdischer Beitrag zu einem inklusiven Europa (A Jewish Contribution to an inclusive Europe – CEJI); das Blanquerna Observatory on Media, Religion and Culture; das Ethical Journalism Network und die Religion Newswriters Foundation.   

 Empfehlungen

Generelle Empfehlungen: Engagement für Dialog und Brückenbau

Allgemein wurde anerkannt, dass der Dialog zwischen Religionsvertretern und Medienvertretern stärker gefördert werden muss, zum Teil auch unter Einbeziehung von Politikern und Menschenrechtsvertretern.

Spezielle Empfehlungen:

Engagement für den Dialog, um das gegenseitige Verständnis zu fördern und um verschiedene Wissenslücken zu füllen:

  • Informationen über Mandat, Verhaltenskodex und Ethik des anderen vermitteln;
  • Informationen über Arbeitsprozesse und -strukturen erfahren;
  • Respekt aufbauen
  • Wissen und Informationen über vergangene und aktuelle Entwicklungen thematisch wichtiger Angelegenheiten austauschen;
  • Eine Allianz bilden, um Meinungsfreiheit und Religions- und Glaubensfreiheit zu verteidigen, die beide voneinander abhängen;
  • Eine dauerhafte und konstruktive Kooperation und Aktion zwischen Religions- und Medienvertretern und darüber hinaus aufbauen;
  • EU, UNESCO und andere regionale Internationale Organisationen in diesen Dialog einbinden;
  • Darauf hinarbeiten, dass die Gesetzgebung gegen Volksverhetzung und Aufwiegelung internationalen Standards entspricht und
  • Darauf hinarbeiten, Blasphemiegesetze aufzuheben.

Wichtige Themen:

Es besteht Bedarf an einer religiösen Terminologie, die für den Mediengebrauch geeignet ist, falls nötig, mit Erklärungen. Der Gebrauch einer angemessenen Sprache und Terminologie muss als ernste Angelegenheit betrachtet werden.

Es muss eine Unterscheidung gemacht werden zwischen sozialen Problemen innerhalb religiöser Gemeinschaften und religiösen Identitäten und Glaubensrichtungen. 

Empfehlungen für Medienvertreter:

Generelle Empfehlungen betrafen die genauere und korrektere Darstellung von Religion in den Medien sowie das Vermeiden von Vorurteilen und Stereotypen.

Spezielle Empfehlungen:

  • Förderung des religiösen Wissens bei Journalisten und Medienvertretern;
  • Die Medien sollten ebenfalls versuchen, das Wissen ihres Publikums über Religionen  zu fördern;
  • Training für Journalisten und Medienvertreter zur Vorbeugung vor Hassreden/Aufwiegelung etc., damit entsprechende Kommentare besser moderiert werden können, ohne auf Zensur zurückzugreifen;
  •  Das Wissen über den richtigen Einsatz religiöser Terminologie fördern.

Empfehlungen für Religionsvertreter:

Religionsgemeinschaften müssen die Verantwortung dafür übernehmen, die Medien effektiver einzubinden:

  • Überlegen, wie europäische und nationale interreligiöse Räte als Ressourcen für die Medien dienen können;
  • Das Wissen der Medienvertreter über Religion fördern;
  • Religiöse Terminologie erklären und deren Einsatz durch die Medien fördern;
  • Überlegen, wie institutionelle Hierarchien die Kommunikationsfähigkeit religiöser Stimmen mit der Presse beeinflussen. Die Kommunikation innerhalb religiöser Institutionen verbessern und lokale Stimmen fördern;
  • Solidarität zwischen Religionsvertretern schaffen;
  • Einsicht, dass Nachrichtenmedien Quellen (Interviewpartner) mit folgenden Eigenschaften bevorzugen:
    • kompetent
    • verlässlich
    • relevant
    • selbstsicher
    • verfügbar (kurzfristig)
    • in regelmäßigem Kontakt mit Journalisten stehend (d.h. Kontakte bereits vor einer Krise; nicht erst im Ernstfall)
  • Journalisten brauchen nicht nur jemanden, der öffentlich Kommentare abgibt, sondern auch jemanden, der mit ihnen Hintergrundgespräche oder Vier-Augen-Gespräche („off-the-record”) führt
  • Klarheit, Bescheidenheit und Transparenz sind die besten Eigenschaften für den Umgang mit sensiblen Themen;
  • Mit Eigeninitiative auf verschiedene Medien zugehen sowie eigene Nachrichten produzieren, denn Schweigen kann sonst auch missverstanden werden, da es oft zu negativen Annahmen oder Misstrauen führt;
  • Sich klarmachen, dass Religionsvertreter, auch auf lokaler Ebene, interessante Stimmen sind, da sie einflussreich sind und viel über religiöse und soziale Angelegenheiten wissen.
  • Verstehen, dass sich Nachrichtenmedien in einem hochkompetitiven Umfeld behaupten müssen; wenn Religionsführer also von verschiedenen Medien gleichzeitig angesprochen werden, können sie selektiv vorgehen;
  • Über einen „Verhaltenskodex” oder Richtlinien für den Umgang religiöser Sprecher mit den Medien nachdenken.
  • Religionsgemeinschaften müssen ihre Kommunikationfähigkeit verbessern, und zwar folgendermaßen:  
  • Das Verständnis der Religionsvertreter für die Funktionsweise der Medien fördern;
  • Webseiten und Tools entwickeln, die ihre Informationen besser zugänglich machen;
  • Einen Sprecher bestimmen;
  • Effektivere Methoden für die Verbreitung von Botschaften und Geschichten entwickeln;
  • Journalisten Hintergrundgespräche anbieten;
  • Beziehungen zu Journalisten aufbauen;
  • Qualifizierte Gesetzesexperten heranziehen, die für Journalisten interessant sind (nicht nur Religionsvertreter);
  • Kontakt zu Journalistenverbänden aufnehmen;
  • Regelmäßig Medienvertreter auf Veranstaltungen und Feiern einladen;
  • Soziale Medien effektiver nutzen (dabei sowohl Risiken als auch Chancen beachten);
  • Öffentlich und privat Anerkennung bei besonders korrekter, positiver oder fairer Darstellung eines religiösen Themas durch die Medien ausdrücken;
  • Interreligiöse Initiativen organisieren, die in Echtzeit eine Antwort auf eine Krise und Solidarität bieten.
  • Religionsgemeinschaften müssen initiativ und innovativ vorgehen, um Veranstaltungen von öffentlichem Interesse abzuhalten (d.h. unkonventionell denken):
  • Events mit Bloggern und sozialen Medienvertretern organisieren, die sich mit religiösen und sozialen Themen beschäftigen;
  • Kontakt zur Popkultur aufnehmen, d. h.mit  Celebritys, Comedians, Schauspielern, Geschichtenerzählern etc. (z. B. Drehbuchautoren für Seifenopern).

Empfehlungen für KAICIID

Spezielle Empfehlungen für KAICIID:

  • Medienkompetenz- und Kommunikationstraining für Religionsvertreter anbieten;
  • Religionskompetenztraining für Journalisten anbieten;
  • Den Dialog zwischen Religionsvertretern und Journalisten fördern;
  • Schnelle Antwortmechanismen für interreligiöse Initiativen und Medien schaffen, um vor allem in Krisenzeiten gut zusammenzuarbeiten;
  • Glaubensorientierte Nachrichtenmedien und nichtreligiöse sowie Mainstream-Medien enger zusammenbringen;
  • Ein internationales Treffen von Bloggern und Sozial-Media-Experten organisieren;
  • Ein internationales Treffen von religiösen Medien organisieren;
  • Als aktive Stimme im Istanbul-Prozess auftreten (KAICIID sollte z.B. ein Medienpodium in Santiago, Chile, organisieren, wo das nächste Istanbul-Prozess-Treffen stattfindet);
  • Ein Handbuch für Journalisten zum Thema sensibler Umgang mit Terminologien in religiöser Berichterstattung herausgeben. Dabei zuerst auf bereits bestehendes Material hinweisen, um Wiederholungen zu vermeiden, und dann die fehlenden Dimensionen hinzufügen;
  • Dafür sorgen, dass mehr Frauen und Jugendliche an Veranstaltungen teilnehmen, ebenso wie Angehörige nichtreligiöser Gemeinschaften.