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Rev. Dr. Richard Sudworth ruft religiöse Persönlichkeiten auf, „der Welt eine Chance zu geben“
Seine Impfung gegen das Coronavirus war für Reverend Dr. Richard Sudworth nicht nur eine medizinische Maßnahme, sondern eine feierliche Angelegenheit.
„Es ist wirklich sehr bewegend“, sagt Sudworth, Sekretär für interreligiöse Angelegenheiten des Erzbischofs von Canterbury und Direktoriumsmitglied von KAICIID. „Wir danken den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wir danken den Medizinerinnen und Medizinern, aber wir danken auch Gott. Die Impfung ist ein Geschenk.“
Diese Dankbarkeit hat laut Sudworth mehre Organisationen in Großbritannien zu einem Zusammenschluss veranlasst. Die Church of England, das Büro des Oberrabbiners und das Nationale Beratungsgremium für Moscheen und Imame arbeiten mit UNICEF zusammen, um ein Programm für Impfstoff-Gerechtigkeit ins Leben zu rufen. Dieses soll Programmen wie COVAX helfen, einer internationalen Kooperative, die gegründet wurde, um sicherzustellen, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen fairen Zugang zu COVID-19-Impfstoffen haben.
Der Welt eine Chance auf die Spritze geben
Das Programm mit dem Namen "Give the World a Shot" basiert auf der Prämisse, dass Menschen nach ihrer Impfung ihre Dankbarkeit ausdrücken wollen. Sie können Geld spenden, um jene Regionen zu unterstützen, die noch immer mit der Verfügbarkeit von Impfstoffen kämpfen.
„Bescheiden in dem, was es zu tun versucht, ist das Programm auch sehr ehrgeizig“, erzählt Sudworth. Mit den Spenden, die für den Ankauf von Schutzausrüstungen für das Gesundheitspersonal oder für den Transport von Impfstoffdosen verwendet werden, haben sie sich das Ziel gesetzt, UNICEF bei der Lieferung von zwei Milliarden Dosen an Impfstoffen zu unterstützen.
Obwohl in immer mehr Ländern Impfprogramme laufen, ist die weltweite Verbreitung von Impfstoffen nach wie vor eine ungleichmäßige Angelegenheit.
Nach den neuesten Daten des Duke Global Health Innovation Center Launch and Scale Speedometer haben sich Länder mit hohem Einkommen bereits mehr als die Hälfte aller weltweit gekauften Dosen gesichert. Aktuellen Schätzungen zufolge werden die Impfstoffvorräte bis mindestens 2023 nicht ausreichen, um die gesamte Weltbevölkerung zu impfen.
Fachleute halten großflächigen Zugang zu COVID-19-Impfstoffen für notwendig, um eine globale Immunität gegen die tödliche Krankheit zu gewährleisten. Hier müssen laut Sudworth die Glaubensgemeinschaften der Welt gemeinsam agieren.
„Der Staat kann eine Menge tun, aber wir alle müssen uns fragen: Was kann ich tun, sobald ich meinen Impfstoff erhalten habe?“
Sudworth sind die Auswirkungen nicht fremd, die interreligiöser Dialog und Kooperationen auf die Welt haben können. Er hat 15 Jahre lang in der Innenstadt von Birmingham gearbeitet, war als Partner der Church Mission Society (CMS) in Nordafrika tätig und hat als Kurat und Pater in einem multireligiösen Umfeld gearbeitet. Er weiß, was es braucht, um mehrere Glaubensgemeinschaften für ein gemeinsames Ziel zu mobilisieren.
Im Rahmen der Vorbereitungen für das "Give the World a Shot"-Programm kamen Ephraim Mirvis, Oberrabbiner der United Hebrew Congregations of the Commonwealth; Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, und Qari Asim, Vorsitzender des Nationalen Beratungsgremiums für Moscheen und Imame zusammen. Sie erzählten, wie ihr jeweiliges Glaubensbekenntnis sie zur Teilnahme inspiriert hat und wie sie ihre Gemeinden dazu ermutigen, dies ebenfalls zu tun.
Sudworth erklärte, dass die Idee der "Eucharistie" oder "Danksagung" Erzbischof Welby dazu inspirierte, Christinnen und Christen aufzufordern, aus den guten Gaben, die sie bereits erhalten haben, etwas an andere zurückzugeben. Rabbiner Mirvis fügte hinzu, das Buch Genesis spreche davon, dass alle Menschen nach dem "Bilde Gottes" geschaffen seien und gleichermaßen Würde verdienten. Imam Asim zitierte seinerseits den Koran und dessen Maxime: „Wer ein Leben rettet, für den ist es, als hätte er die ganze Menschheit gerettet.“ (K 5:32)
Diese individuellen, aber ähnlich gearteten Motivationen führten zu einem sehr persönlichen und gemeinschaftlichen Sinn für das, was getan werden muss. „Die Leute gingen mit der Inspiration ihres eigenen Glaubens in die Diskussion, aber sie verließen sie mit etwas, das gemeinsam getan werden kann. Unsere Motivationen mögen unterschiedlich sein, aber es ist unsere gemeinsame Aufgabe“, so Sudworth.
Zusammenarbeit mit religiösen und säkularen Partnern
Sudworth fügt hinzu, dass dies auch eine erstklassige Gelegenheit für Menschen ohne Glaubensbekenntnis sei, mit religiösen Partnern zusammenzuarbeiten. Sie würden viel Gutes tun, basierend auf dem „praktischen, nicht-religiösen Wissen, dass, während eine Person unter dem Coronavirus leidet, wir alle gefährdet sind“.
Um sich auf lokaler Ebene zu engagieren, gab Sudworth eine ziemlich einfache Losung aus.
„Laden Sie die App herunter, besuchen Sie die entsprechenden Webseiten, scannen Sie die bereitgestellten QR-Codes und spenden Sie.“
Laut Sudworth erinnert das Programm die Menschen in einer zerstrittenen Welt daran, dass sie Teil einer weltweiten Familie sind. Sie können sich persönlich engagieren und einen positiven Beitrag leisten. Es bedeutet, „wenn ich meine Impfung am Sonntag in Birmingham bekomme, wird jemand in Burkina Faso seine Impfung kurz nach mir bekommen“.
„Auch wenn wir weit entfernt voneinander geimpft werden, ist es doch eine greifbare Verbindung mit jemandem auf der anderen Seite des Globus.“
Neben den finanziellen Beiträgen betonte Sudworth auch, wie wichtig es für religiöse Führerinnen und Führer sowie Glaubensgemeinschaften ist, Vorbilder zu sein, wenn es darum geht, „das Vertrauen in den Impfstoff zu fördern“.
In Anbetracht der Tatsache, dass einige religiöse Persönlichkeiten Zweifel an der Wirksamkeit oder Sicherheit von Impfstoffen hegen, meint Sudworth, dass die Lösung nicht darin besteht, „mit dem Finger zu zeigen“. Stattdessen soll mit den Glaubensgemeinschaften zusammengearbeitet werden, um Vertrauen aufzubauen und als wegweisende Vorbilder zu wirken.
„Einige Gemeinschaften sind aus gutem Grund misstrauisch gegenüber Impfstoffen“, so Sudworth, „es gibt eine schmerzliche Geschichte mit Impfstoffen, die destruktiv und unehrlich eingesetzt wurden, zum Beispiel in der schwarzen Bevölkerung Großbritanniens.“
Er betonte, dass Menschen mit oder ohne religiösen Hintergrund das Vertrauen in Impfstoffe negativ beeinflussen können. „Wir müssen die Herausforderungen von leidenden, marginalisierten Gemeinschaften demütig annehmen, an ihrer Seite für das Gemeinwohl arbeiten und bessere Menschen als zuvor werden.“
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Für Sudworth sei es eine Ehre gewesen, mit verschiedenen Würdenträgerinnen und Würdenträgern in Großbritannien zusammenzuarbeiten, darunter schwarze Führer aus den Pfingstkirchen, Imame und andere. Sie alle wurden ermutiget, sich impfen zu lassen, sobald der Impfstoff verfügbar ist.
Neben dem Thema der Ungleichheit bei Impfstoffen spricht Sudworth auch über Lehren für interreligiöse Vermittlerinnen und Vermittler. Diese wollen über religiöse Grenzen hinweg bei vielen globalen Herausforderungen zusammenarbeiten.
„Es gibt bestimmte Probleme in unserer Welt, die jeden von uns betreffen – vom Klimawandel bis zur extremen Armut. Unsere Reaktion darauf ist nutzlos, wenn wir nicht zusammenarbeiten“, meint Sudworth.
Er weist darauf hin, dass die Auswirkungen der Pandemie bereits bestehende Abhängigkeiten von entrechteten Gemeinschaften und ihren mangelnden Zugang zu Ressourcen, einschließlich Impfstoffen und darüber hinaus, hervorgehoben, offenbart und akzentuiert haben.
„Dieses Programm ist eine Geste der interreligiösen Zusammenarbeit für das Gemeinwohl. Doch es bleiben tiefere, generationenübergreifende Herausforderungen rund um andere Ungleichheiten. Nach der Pandemie muss eine unvorstellbare Menge an Problemen gemeinsam bearbeitet werden“, so Sudworth.
Für den Moment ist die große Herausforderung, den Impfstoff so schnell wie möglich an so viele Menschen wie möglich zu bringen. Mit anderen Worten, „der Welt eine Chance auf die Spritze zu geben“.