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In Nigeria wurde ein politisches und religiöses Netzwerk zur Bewältigung der Gewaltkrise gegründet

07 April 2022

Nigerianische Politikerinnen und Politiker, Regierungsvertreterinnen und -vertreter sowie religiöse Führerinnen und Führer sind bei einer von KAICIID veranstalteten Diskussionsrunde zusammengekommen, um die sich verschärfende Krise der Gewalt in ihrem Land zu besprechen.

Das Treffen fand vergangenen Montag in Abuja in Zusammenarbeit mit dem „Institut für Frieden und Konfliktlösung“ (IPCR) und dem „Nigerianischen Institut für höhere Rechtswissenschaften“ (NIALS) statt. Es bildete gleichzeitig den Auftakt eines friedensfördernden Netzwerks von Politikerinnen und Politikern sowie religiösen Führerinnen und Führern.

Im Rahmen des „Netzwerks von Entscheidungsträgern zur Unterstützung von Versöhnung, Frieden und Sicherheit in Nigeria“ werden namhafte Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien und Behörden mit hochrangigen religiösen Führerinnen und Führern zusammenarbeiten. Sie sollen politische Maßnahmen entwickeln, die der Bewältigung ethnisch-religiöser Konflikte und zur Schaffung eines friedlichen Zusammenlebens zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der beiden wichtigsten Religionen Nigerias, dem Islam und dem Christentum, dienen.

Nigerias Krise der Gewalt

In mehr als zwei Dritteln der nigerianischen Bundesstaaten und Bundesgebiete kommt es derzeit zu verschiedenen Formen von Gewalt. Diese reichen von Entführungen und Raubüberfallen über religiösen Extremismus und Terror bis hin zu separatistischen Bewegungen und einem langwierigen Konflikt zwischen Viehzüchtern und Bauern. Ein Großteil dieser Unruhen ist auf den Kampf um Ressourcen zurückzuführen, doch auch konfessionelle und interreligiöse Konflikte tragen entscheidend dazu bei.

Trotz allem wird die religiöse Dimension der Sicherheitslage in der Regierungspolitik meist nicht berücksichtigt. Religiöse Stimmen werden oft nicht in den politischen Prozess einbezogen, so riskieren die Politikerinnen und Politiker, den interreligiösen Konflikt im Land zu verschärfen. Das „Netzwerk der Entscheidungsträger“ hofft, dieses Problem zu beheben, erklärten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussionsrunde. 

„Nigerianerinnen und Nigerianer lieben ihre Religionen“, sagte Seine Exzellenz Geoffrey Onyeama, der nigerianische Außenminister. „Religion ist daher ein wichtiges Werkzeug für die Friedenskonsolidierung und die Entwicklung.“

Onyeama meint, dass die Gründung des Netzwerks „zum richtigen Zeitpunkt“ erfolgt sei und dass „alle verfügbaren Kräfte“ gebraucht würden, um Nigerias wachsende Herausforderungen in puncto Sicherheit zu bewältigen. Der Außenminister lobte auch das „Institut für Frieden und Konfliktlösung“ (IPCR) und KAICIID für ihre Rolle bei der Umsetzung der Initiative. Er fügte hinzu, dass sein Ministerium die Arbeit des Netzwerks voll unterstützen werde.

Der nigerianische Polizeichef, Usman Alkali Baba, und der Oberste Richter des Landes, Ibrahim Tanko Muhammad, schlossen sich Onyeamas Lob für das Netzwerk an. Sie erklärten, das Programm solle „kein Forum für Unterhaltungen sein, sondern ein Mittel für funktionierende Resolutionen und Empfehlungen“.

Politisches Handeln

Anstatt sich an der Konfliktlösung und an Prozessen nach einem Konflikt zu beteiligen, wird das Netzwerk an der Formulierung von Präventionsmaßnahmen arbeiten. Diese sollen Spannungen thematisieren, bevor sie in gewaltsamen Konfrontationen ausarten. Der Schlüssel dazu ist die Zusammenführung eines breiten Spektrums von Interessenvertreterinnen und -vertretern, die verschiedene Gemeinschaften repräsentieren und örtliche Gegebenheiten berücksichtigen können. 

 

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Religiöse Führerinnen und Führer spielen dabei eine sehr wichtige Rolle, doch echte Fortschritte können nur erzielt werden, wenn auch Politikerinnen und Politiker zum Handeln bereit sind, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung am Montag einig.

„Die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger müssen sich aufrichten und zusammenreißen“, sagte Samson Olasupo Adeniyi Ayokunle, Präsident der „Christlichen Vereinigung Nigerias“ (CAN). „Sie dürfen die Schuld nicht den religiösen Führerinnen und Führern zuschieben und müssen akzeptieren, dass Politik eine wichtige Rolle bei Konflikten und Krisen spielt.“

Die häufige Gewalt in Nigeria sei vor allem auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die niedrigen Löhne und das unzureichende Bildungssystem zurückzuführen, so Ayokunle weiter. Um hier Abhilfe zu schaffen, müsse die Regierung nicht nur die richtigen politischen Maßnahmen ergreifen, sondern „die nigerianische Bevölkerung muss ihre Einstellung ändern“, schloss er.

Dame Pauline Tallen, Nigerias Frauenministerin, lobte die Initiative, merkte aber an, dass „Frauen zahlenmäßig besser vertreten sein sollten“.

In die Zukunft blicken

Das Treffen des Netzwerks dient auch als Fahrplan für die politischen Themen und die Arbeit, die die Beteiligten in den kommenden Monaten und Jahren diskutieren werden. 

Im weiteren Verlauf wird das Netzwerk noch mehr Konsultationen zwischen politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern und religiösen Führerinnen und Führern ermöglichen und fortführen, um ihnen einen Raum für konstruktiven Austausch über die Formulierung inklusiverer politischer Maßnahmen zu bieten. IPCR und KAICIID werden diesen Prozess unterstützen, indem sie zukünftige Treffen einberufen und politische Vorschläge prüfen.

„Die Entwicklung von Netzwerken, die religiöse und politische Persönlichkeiten zusammenbringen, um Politik zu entwickeln, ist von entscheidender Bedeutung, um ein hohes Maß an sozialem Zusammenhalt in einer bestimmten Gesellschaft zu gewährleisten“, sagte Agustin Nuñez Vicandi, KAICIIDs Leitender Programm-Manager für Afrika.

„Dies gilt insbesondere in Ländern, in denen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft ein wichtiges Identitätsmerkmal ist. Wenn sichergestellt wird, dass religiöse Stimmen in die Politik einfließen können, führt dies zu einer inklusiveren Politik, die die Bedürfnisse und Perspektiven der verschiedenen Gemeinschaften berücksichtigt“, fügte er hinzu.