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Netzwerk für Dialog veröffentlicht neue Leitlinien zur Integration von Flüchtlingen

10 März 2022

Das von KAICIID unterstützte Netzwerk für Dialog ist eine paneuropäische Plattform, die säkulare und religiöse Organisationen, religiöse Führerinnen und Führer sowie Fachleute, die im Bereich Migration tätig sind, vereint. Das Netzwerk hat kürzlich eine neue Reihe von Positionspapieren zur Integration und Stärkung von Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, vorgestellt.

Auf der Grundlage von Beiträgen und praktischen Erfahrungen von Akteurinnen und Akteuren an der Basis sowie Expertinnen und Experten bieten die vier Dokumente Empfehlungen für einige der dringendsten Herausforderungen, denen sich die Migranten- und Flüchtlingsgemeinschaften in Europa gegenübersehen. Dazu zählen die Notwendigkeit eines inklusiven Zugangs zu Bildung für Kinder mit Flucht- oder Migrationshintergrund; verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung von Hassrede; mehr ehrenamtliche Tätigkeiten für Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten; die Einbeziehung von Migranten- und Flüchtlingsorganisationen in die politische Entscheidungsfindung. Diese Leitlinien bauen auf einer ersten Reihe von Empfehlungen auf, die im Juni 2021 veröffentlicht wurden.

Der Inhalt der Positionspapiere basiert auf fünf Stellungnahmen, die aus dem 3. Europäischen Forum für politischen Dialog in Lissabon im vergangenen Jahr hervorgingen. Bei der dreitägigen Veranstaltung wurde diskutiert, wie religiöse Organisationen, politische Entscheidungsträgerinnen und -träger und kürzlich zugewanderte Menschen die Beteiligung von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten an der Entwicklung inklusiverer Gesellschaften in Europa fördern können.

„Diese Positionspapiere sind ein wirkungsvolles Instrument, weil sie das Ergebnis eines echten partizipativen und konsultativen Prozesses sind, der die Perspektiven von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten, aber auch von wichtigen Interessengruppen in den Aufnahmegesellschaften einbezieht“, sagt Rositsa Atanasova, Expertin für Interessenvertretung des Zentrums für Rechtshilfe in Bulgarien und Mitglied des Netzwerks für Dialog. „Die Papiere liefern konkrete Empfehlungen und helfen uns, migrantischen Stimmen auf politischer Ebene Gehör zu verschaffen.“

Leitlinie Nr. 4: Den Zugang zu formaler Bildung in Europa für Kinder mit Flucht- oder Migrationshintergrund sicherstellen

Nach Angaben des Netzwerks für Dialog bedeutet die erhebliche Zunahme von Vertriebenen auf der ganzen Welt, dass es große Unterschiede zwischen Flüchtlingen und ihren nicht-migrantischen Altersgenossen gibt, wenn es um den Zugang zu Bildung geht. Bildung ist ein Schlüsselelement für die soziale Eingliederung von Flüchtlings- und Migrantenkindern in die Aufnahmegemeinschaften, das gilt auch für Kinder ohne Papiere.

Obwohl Bildung ein unveräußerliches Grundrecht ist, haben viele europäische Länder Schwierigkeiten, den Zugang zu angemessener Schulbildung für Kinder mit Flucht- oder Migrationshintergrund zu gewährleisten. Oft wird die Schulbildung, die sie erhalten, durch ihren Aufenthaltsstatus und nicht durch ihre Lernbedürfnisse bestimmt.

Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger auf nationaler und lokaler Ebene sowie religiöse Organisationen sollten zusammenarbeiten, um den Zugang zu formaler Bildung zu unterstützen, schreibt das Netzwerk für Dialog in dem Positionspapier. Während religiöse Organisationen Familien dabei helfen können, sich in komplexen Schulsystemen und logistischen Fragen zurechtzufinden, können Politikerinnen und Politiker Maßnahmen einführen und umsetzen – zur Erleichterung der Einschulung, zur Überwindung von Sprachbarrieren, zur angemessenen Verteilung von finanziellen und personellen Ressourcen und zur Unterstützung auf Grundlage individueller Bedürfnisse.

Leitlinie Nr. 5: Migranten- und Flüchtlingsorganisationen in die politische Entscheidungsfindung in Europa einbinden

Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten werden häufig als Opfer dargestellt, die nicht in der Lage sind, Veränderungen zu bewirken. Das Netzwerk für Dialog ist jedoch der Ansicht, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund ihre einzigartigen Erfahrungen und Fähigkeiten nutzen können, um die Politik für ihre Gemeinschaften und die europäische Gesellschaft als Ganzes zu verbessern.

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Es ist wichtig, Interessenvertretung, die von Menschen mit Migrationshintergrund betrieben wird, zu unterstützen, um mehr Eigenverantwortung und Einfluss auf relevante politische Agenden zu gewinnen. Jedoch werden diese Bemühungen weiterhin durch zahlreiche strukturelle, administrative und logistische Hindernisse erschwert. Die Mitglieder des Netzwerks für Dialog betonen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Migranten- und Flüchtlingsorganisationen bei der Entwicklung von Strategien, Strukturen und Aktionsplänen ist. Neben der Sicherstellung finanzieller Mittel für von Flüchtlingen geleitete Organisationen sollten sich die Bemühungen auch auf Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten konzentrieren, um ihre Beteiligung an öffentlichen politischen Entscheidungsprozessen zu verbessern, heißt es in dem Positionspapier.

Leitlinie Nr. 6: Religiöse Akteure und die Bekämpfung von Hassrede in Europa

Der Zusammenhalt in Europa wird zunehmend von Hassrede bedroht, was durch Falschinformation und Verschwörungserzählungen während der COVID-19-Pandemie noch verstärkt wurde.

Nach Ansicht des Netzwerks für Dialog besteht eine grundlegende Möglichkeit zur Bekämpfung von Hassrede darin, „alternative Erzählungen“ zu verbreiten. Das sind positive Geschichten, die beim Publikum Anklang finden und es ermutigen, sich für Frieden und Menschenrechte und nicht für Hass und Diskriminierung einzusetzen. Eine wirksame Bekämpfung der Ursachen von Hassrede erfordert die Einbeziehung religiöser Akteurinnen und Akteure, die oft gut mit der Bekämpfung religiöser Hassrede vertraut sind und in ihren Gemeinschaften Autorität und Einfluss haben.

Leitlinie Nr. 7: Ehrenamtliche Arbeit für Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten

Auch wenn es noch keine Studien über die Auswirkungen von ehrenamtlicher Arbeit gibt, können Engagement in der Gemeinschaft und gemeinnützige Arbeit als wichtige Voraussetzungen für die Integration in die Gesellschaft des Aufnahmelandes dienen, hält das Netzwerk für Dialog in diesem Bericht fest.

Freiwilligenarbeit ist ein „zweiseitiger Prozess“, der Flüchtlingen, Migrantinnen, Migranten und Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft einen natürlichen Raum bietet, um einander kennenzulernen. Trotz des großen Potenzials gibt es nach wie vor viele Barrieren, die die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an ehrenamtlichen Tätigkeiten in ihren lokalen Gemeinschaften behindern. Den politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern wird empfohlen, die Freiwilligenarbeit als Vorteil anzuerkennen und sie in nationale und lokale Integrationsstrategien und Aktionspläne einzubinden. Im Rahmen staatlicher Programme sollten Finanzmittel bereitgestellt werden, um Menschen mit Migrationshintergrund zu ehrenamtlicher Arbeit zu ermutigen.

Religiöse Organisationen können Freiwilligenorganisationen ermutigen, auf die Bedürfnisse aller Mitglieder ihrer Gemeinschaften, einschließlich Migrantinnen und Migranten, einzugehen und den Dialog zu stärken, um die Vielfalt innerhalb ihrer Gruppen zu erkunden, zu fördern und zu schätzen und neue Beziehungen aufzubauen.

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Obwohl Aleksandra Djurić Milovanović, Projektmanagerin des Netzwerks für Dialog, einräumt, dass die Leitlinien keine Lösungen für die unzähligen Probleme bieten können, mit denen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in Europa konfrontiert sind, bieten sie einen ersten Handlungsansatz, um die Herausforderungen der Integration zu bewältigen.

„Wir glauben fest an ihre Bedeutung, da sie wertvolle Empfehlungen für politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger, religiöse Führerinnen und Führer sowie Kirchengemeinden darstellen, wie sie einen positiven Beitrag zu unseren europäischen Gesellschaften leisten können.“

Zusätzlich zu den vier Positionspapieren wurden zwei Forschungsarbeiten zum Thema Bekämpfung von Hassrede vorgestellt, die beide von KAICIID erstellt wurden. Das eine erörtert die Rolle der Bildung bei der Bekämpfung von Hassrede, die sich gegen Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten in Europa richtet, während sich das zweite auf die Bemühungen religiöser Persönlichkeiten zur Bekämpfung von Hassrede konzentriert.

 

Zum Herunterladen der neuen Positionspapiere des Netzwerks für Dialog klicken Sie bitte hier

Um die Forschungsarbeiten und Leitlinien zur Bekämpfung von Hassrede herunterzuladen, klicken Sie bitte darauf