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KAICIID Fellows führen Gespräche über Religion, Diplomatie und vielfältige Friedensbemühungen auf dem Balkan

Mehr als ein Dutzend KAICIID Fellows, Mitglieder des Netzwerks für Dialog und weitere Mitglieder des KAICIID-Netzwerks aus ganz Europa kamen in Wien zur European Academy of Religion (#EuARe2025) zusammen. Auf der größten jährlichen Veranstaltung in Europa zur Förderung des interreligiösen Dialogs und der Religionswissenschaft wird erörtert, wie interreligiöser Dialog mit der Diplomatie auf Regierungs- und Gemeindeebene verknüpft werden kann, um Vertrauen zu fördern und die zerrütteten Gemeinschaften in einer Region wiederaufzubauen, die von tiefen historischen Spaltungen geprägt ist.
In einer Podiumsdiskussion zum Thema Religionskompetenz plädierte Fellow Besa Ismaili, ehemaliges Mitglied des kosovarischen Parlaments und Dozentin an der Fakultät für Islamische Studien in Pristina, für ein aktives Engagement religiöser Führerinnen und Führer bei der Förderung einer inklusiveren und gerechteren Gesellschaft in der Region durch die Förderung von religiösem Pluralismus und Geschlechtergleichstellung:
Religiöse Führungspersönlichkeiten verfügen innerhalb ihrer Gemeinschaften weiterhin über erhebliche moralische Autorität.
Im Rahmen der KAICIID-Veranstaltung „Religion, Diplomatie und Dialog im Balkankontext: Intersektionale Perspektiven“ reflektierten Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer aus Albanien, Serbien, dem Kosovo, Kroatien und Österreich über die Rolle von religiösen Akteuren, Medienschaffenden, Lehrkräften sowie politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern bei der Förderung von Frieden und inklusiven Gesellschaften.
Moderator Prof. Andrew J. Boyd, Leitender Programm-Manager beim Internationalen KAICIID Fellows-Programm betonte in seiner Eröffnungsrede die entscheidende Rolle der religiösen Bildung und der Institutionalisierung des Dialogs zwischen den verschiedenen Sektoren.
Religion wird von säkularen Beobachtern allzu oft nur als Quelle von Konflikten angesehen. Wird Religion jedoch verantwortungsbewusst gelebt, anstatt ignoriert oder nur auf den privaten Bereich beschränkt zu werden, wird sie zu einem Katalysator für Diplomatie, Versöhnung und Mitmenschlichkeit. Religion ist häufiger Teil der Lösung als Teil des Problems.
Das Treffen in Form eines interaktiven Dialogkreises brachte Referentinnen und Teilnehmer dazu Barrieren für die Zusammenarbeit zu identifizieren. Dazu zählezum Beispiel konkurrierende Opfererzählungen, politische Trägheit und reaktionäre Dialoggestaltung. Außerdem wurden Empfehlungen ausgesprochen, die einen proaktiveren Ansatz fordern, der alle Generationen einbezieht.
Regionale und globale Unterstützung für religiöse Bildung als Instrument für demokratische Resilienz
Religiöser Pluralismus sollte nicht allein in der Verantwortung religiöser Akteurinnen und Akteure liegen. Er muss mit religiöser Bildung auf politischer Ebene einhergehen, die Institutionen in die Lage versetzt, konstruktiv mit Religion umzugehen. Auf der Grundlage seiner Arbeit in der Wissenschaft und im Albanischen Interreligiösen Rat plädierte der Präsident von Religions for Peace Europe, Prof. Dr. Genti Kruja, für transformative religiöse Bildung, die sowohl in der Tradition als auch in der zivilgesellschaftlichen Verantwortung verwurzelt ist, und betonte dabei:
Glaubensbasierte Diplomatie kann moralische und spirituelle Werte in die Politik integrieren, Versöhnung ermöglichen, Gewalt verhindern und inklusive Gemeinschaften fördern.
Gleichzeitig tragen lokale Akteure – wie religiöse Führungspersönlichkeiten, Lehrkräfte sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinschaft – oft die Last, Vertrauen aufzubauen und den sozialen Zusammenhalt zu erhalten. Bekannt als Track-II- und Track-III-Diplomatie, spielen lokale Dialogstrukturen, Engagement auf Gemeindeebene und Bildungssysteme eine wichtige Rolle bei der Bewältigung und Prävention von Spannungen vor Ort.
Der Dialog muss authentisch sein, nicht performativ. Politische Maßnahmen benötigen Anreize, um religiöse Vielfalt in die Bildung und kommunale Planung zu integrieren, erklärte Anesa Colakovic und reflektierte dabei ihre Arbeit mit interreligiösen und Jugendinitiativen in Nord-Mitrovica im Kosovo.
Institutionalisierung des interreligiösen Dialogs auf kommunaler Ebene durch inklusive Räte
Ausgehend von der Perspektive der lokalen Regierungsführung führte Rev. Dr. Vedran Obucina, Präsident des Zentrums für interreligiösen Dialog, Beispiele aus Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo und Nordmazedonien an, um zu veranschaulichen, wie religiöse Räte dazu beitragen, Gräben in der Gesellschaft zu überwinden. „Trotz politischer Druckausübung und der Gefahr der Vereinnahmung“, so stellte er fest, „bleibt die lokale Zusammenarbeit auf religiöser Basis eines der widerstandsfähigsten Mittel, um Gräben zu überbrücken und nationalistische Narrative zu überwinden.“
Einbettung des interreligiösen Dialogs in die nationale Bildungspolitik und Ausbildung von Lehrkräften
Die Rolle der Bildungssysteme bei der Schaffung von interreligiösem Verständnis stand ebenfalls im Mittelpunkt. Hofrätin Mabrouka Rayachi, Fachinspektorin für islamischen Religionsunterricht in Niederösterreich und Mitglied des Netzwerks für Dialog, stellte Initiativen für den Unterricht vor, die die Integration von Migrantinnen und Migranten durch die Förderung von Empathie und gegenseitigem Respekt unter den Schülerinnen und Schülern unterstützen. „Schulen müssen sichere Orte sein, an denen Dialog und Verständnis gelernt und gelebt werden“, sagte sie.
Neugestaltung des öffentlichen Diskurses durch verstärkte Zusammenarbeit von Medienschaffenden und religiösen Akteuren
Die serbische Journalistin und Doktorandin Jelena Jorgacevic Kisic sprach sich für einen ethischen Journalismus aus, der sich gegen Sensationslust, Manipulation oder Marginalisierung religiöser Narrative wendet und stattdessen Geschichten der Versöhnung in den Vordergrund stellt. Sie sagte:
Journalistinnen und Journalisten haben die Pflicht, die reiche Vielfalt innerhalb der Glaubensgemeinschaften darzustellen und den Stimmen des Friedens und des Dialogs mehr Gehör zu verschaffen.
Überblick über den globalen Stand der interreligiösen Beziehungen und Dialoge
Zum Abschluss der Sitzung betonte Prof. Boyd, dass die Zukunft des Balkans – und Europas – davon abhängt, dass wir uns weiterhin für den Dialog, für tiefere Beziehungen und für die Anerkennung neuer, auf Hoffnung basierender Erzählungen einsetzen.
Die Veranstaltung in Wien ist ein Beispiel für ein solches Engagement und zeigt die Wirkung des KAICIID Fellows-Programms, dessen Mitglieder nun aktiv Politik, Medien, Bildung und Friedensarbeit an der Basis in der gesamten Region gestalten.
Eine umfassende Untersuchung solcher Programme und ihrer Wirksamkeit bei der Förderung langfristiger interreligiöser Beziehungen und Zusammenarbeit durch Dialog könnte eine empirische Grundlage für die Umsetzung vieler Empfehlungen des Treffens liefern. Dies war der Schwerpunkt der Arbeit des KAICIID Fellows, des Kapuziner-Franziskaners Stefano Luca, wie in seinem 2023 erschienenen Buch Teologia delle differenze dargelegt. Es stützt sich auf grundlegende Erkenntnisse der franziskanischen Tradition, um eine erneuerte Theologie der Religionen und eine Grundlage für den interreligiösen Dialog zu schaffen.