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Neue KAICIID-Publikation befasst sich mit der Bedeutung der Evaluierung von Projekten für interreligiöse Friedensförderung und Dialog

04 Oktober 2021

In einem neuen Buch des Internationalen Dialogzentrums (KAICIID) wird dargelegt, wie wichtig es ist, dass die richtigen Instrumente und Prozesse vorhanden sind, um die Ergebnisse von Initiativen für interreligiöse Friedensförderung und Dialog zu evaluieren.

Es wurden zwar einige Fortschritte erzielt, trotzdem gibt es immer noch erhebliche Schwachstellen in der Arbeit von Akteurinnen und Akteuren im interreligiösen Dialog und in der Friedensförderung. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass ethische und theoretische Bewertungsrahmen und -verfahren entwickelt werden, so das Fazit von Evaluating Interreligious Peacebuilding and Dialogue. Die Essaysammlung erschien im De Gruyter-Verlag.

„Religion kann eine positive Kraft bei der Schaffung von Frieden sein. Die Evaluierung der interreligiösen Friedensförderung ist notwendig, um nachzuweisen, dass religiöse Akteurinnen und Akteure einen wichtigen Beitrag zu Frieden und sozialem Zusammenhalt leisten“, so Mitherausgeber Professor Mohammed Abu-Nimer, Leitender Berater bei KAICIID.

„Es herrscht Bedarf am Aufbau von Kapazitäten für Vermittlerinnen und Vermittler des interreligiösen Dialogs und für Organisationen. Sie wissen, wie wichtig es ist, Evaluierungsmethoden und -instrumente in ihre Arbeit zu integrieren, vor allem, um ihren Erfolg und ihre Erkenntnisse ermitteln können“, fügt Professor Abu-Nimer hinzu.

Die Bedeutung der Verantwortlichkeit

In dem Sammelband werden zwei große Vorteile der Evaluierung von interreligiösem Dialog und der Friedensförderung hervorgehoben: die Stärkung der Verantwortlichkeit und das Wissen, wie man Veränderungen effektiver herbeiführen kann. 

Die Stärkung der Verantwortlichkeit ist notwendig, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Begünstigten der Friedensförderung erfolgreicher erfüllt werden. Ebenso wird ein höheres Maß an Verantwortlichkeit die Fähigkeit der Dialogpraktikerinnen und -praktiker verbessern, auf Veränderungen dieser Bedürfnisse in fragilen, sich schnell verändernden Kontexten zu reagieren. Am wichtigsten ist jedoch vielleicht, dass sie dazu beiträgt, sich als Akteurinnen und Akteure der Friedensförderung an den Grundsatz „Keinen Schaden anrichten“ zu halten. Das ist eine Doktrin, die darauf abzielt, gefährdete Menschen vor zusätzlichen Risiken während des Friedensprozesses zu schützen.

Der Lernprozess

Der zweite große Vorteil der Evaluierung besteht darin, dass sie Fachleuten des interreligiösen Dialogs und der Friedensförderung die Möglichkeit bietet, zu lernen und ihre Fähigkeiten zu verbessern. Dieser Lernprozess sollte laut dem Buch während der gesamten Dauer eines Projektzyklus stattfinden und wird durch das Sammeln von Daten und die Entwicklung von Wirksamkeitsindikatoren in jeder Phase erleichtert.

Um den Lernprozess zu fördern, sollten Expertinnen und Experten für interreligiösen Dialog und Friedensförderung das Gefühl haben, dass sie Fragen stellen können, wenn Wissenslücken auftreten. Durch die Aufzeichnung und Bewertung der Ergebnisse können die Friedensförderer aus ihren Bemühungen lernen und die Situation zu verschiedenen Zeitpunkten des Projekts analysieren, was besseres Risikomanagement und eine Feinabstimmung der Maßnahmen ermöglicht.

Gräben überwinden

Die Evaluierung kann auch dazu beitragen, die Kluft zwischen Politikerinnen und Politikern und Akteurinnen und Akteuren des interreligiösen Dialogs und der Friedensförderung zu überbrücken, besagt die Publikation. Im Zeitalter nach dem 11. September ist es besonders wichtig, diese Parteien zusammenzubringen, da religiöse Führerinnen und Führer eine entscheidende Rolle bei der Konfliktlösung spielen.

Auch angesichts der sich beschleunigenden Klimakrise und dem Auftreten von COVID-19 ist zu erwarten, dass Glaubensgemeinschaften eine noch wichtigere Rolle bei der Förderung des Friedens spielen werden. Die Publikation zeigt, dass es nach wie vor eine problematische Kluft zwischen den Fachleuten des interreligiösen Dialogs und den Verantwortlichen für die Gestaltung der Politik gibt.

„Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger sind oft bestrebt, politischen Frieden zu schaffen, wobei der Schwerpunkt auf der Einsetzung einer neuen Regierung, gegebenenfalls erfolgreichen Wahlen und der Vertretung aller Seiten liegt. Praktikerinnen und Praktiker des interreligiösen Dialogs konzentrieren sich eher auf die Heilung der Gesellschaft, indem sie sich mit den seit langem verwurzelten Wahrnehmungen des 'Anderen' auseinandersetzen, die zu fortwährenden Vorurteilen, Angst, Misstrauen, Hass und anderen negativen Gefühlen führen, die Spaltungen aufrechterhalten und künftige Konflikte anheizen könnten“, erklärt Renáta Katalin Nelson, Koordinationsbeauftragte von KAICIID und Mitherausgeberin der Publikation Evaluating Interreligious Peacebuilding and Dialogue. 

Herausforderungen für die Evaluierung

In den Essays des Buches werden einige der Herausforderungen für die Förderung der besseren Evaluierung von Aktivitäten der interreligiösen Friedensförderung beschrieben. Der Prozess kann langsam verlaufen, so wie auch der Dialog und die interreligiöse Friedensförderung selbst schrittweise stattfinden. Die Notwendigkeit einer Evaluierung wird mit großer Skepsis betrachtet, und es besteht ein offensichtlicher Mangel an Interesse von religiösen oder interreligiösen Friedensförderern an der Anwendung von Monitoring- und Evaluierungstechniken. Es kann zu Problemen der Komptabilität kommen, da Evaluierungsverfahren, die für traditionelle Friedensförderungsprogramme verwendet werden, manchmal nicht mit glaubensbasierten Projekten vereinbar sind.

Es besteht auch die Gefahr, dass die Religion instrumentalisiert oder ihre Bedeutung heruntergespielt wird. Umgekehrt besteht die Gefahr, dass die Rolle der Religion überbetont wird und der Fokus auf die Bekämpfung der wahren Ursachen eines Konflikts verloren geht. Lücken in der Literatur zu Monitoring- und Evaluierungspraktiken sind ebenfalls problematisch, ebenso wie Fragen der Anerkennung innerhalb des Bereichs der Evaluierung.      

Mögliche Lösungen

Herausforderungen anzugehen, ist das grundlegende Ziel von Evaluating Interreligious Peacebuilding and Dialogue. Jeder der sieben Essays nähert sich den Herausforderungen (und Möglichkeiten) von Monitoring und Evaluierung aus einem anderen Blickwinkel.

Der erste Abschnitt des Buches befasst sich mit der Komplexität religiöser und interreligiöser Friedensförderung und zeigt die Hindernisse auf, die einer wirksamen Überprüfung und Bewertung im Wege stehen. Im zweiten Teil werden praktische Instrumente beschrieben, die für das Monitoring und die Evaluierung religiöser und interreligiöser Friedensförderung entwickelt wurden. Es wird aufgezeigt, wie diese Instrumente in unterschiedlichen Kontexten eingesetzt werden können.  

Das Buch ist Teil der KAICIID-Reihe "Beyond Dialogue", die von De Gruyter herausgegeben wird und zum Ziel hat, Theorie und Praxis des interreligiösen Dialogs aus verschiedenen Regionen der Welt einander näher zu bringen.