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Medienberichte sorgen oft für ein verzerrtes Bild von Religionen

06 Februar 2015

Viele Religionsgemeinschaften haben erhebliche Probleme mit der Medienberichterstattung. Wenn wir eine Zeitung aufschlagen oder den Fernseher einschalten, hören wir fast immer nur dann etwas über Religionen, wenn es gerade um Krisen, Skandale oder fehlgeleitete Fanatiker geht, die für Konflikte oder Gewalt im Namen der Religion sorgen.

Das ist natürlich auch verständlich. Erstens haben in den Augen der Medien solche Geschichten Nachrichtenwert, die überraschend, wirkungsvoll und aktuell sind. Denn das sind die Nachrichten, die sich gut verkaufen. Zweitens arbeiten Journalisten unter Zeitdruck und mit begrenzten Ressourcen. Reporter haben oft Schwierigkeiten, gute Quellen zu finden, die ein Gegengewicht zu den skandalösen oder konfliktträchtigen Tagesnachrichten liefern.  Infolgedessen hat es die lauteste, schrillste Stimme oft leichter, Aufmerksamkeit zu erregen, als ein Religionsvertreter, der das tut, was man von ihm erwartet, nämlich Frieden zu predigen und seine Anhänger zu leiten.

Es ist klar, dass die Medien Religionsvertreter und religiöse Institutionen zur Verantwortung ziehen muss. Ohne Zweifel haben die Medien das Recht und die Pflicht, über „schlechte Nachrichten“ zu berichten, auch hinsichtlich Religionsvertretern und religiösen Institutionen. Solche Berichte bringen Ungerechtigkeiten ans Licht und zwingen die religiösen Gemeinschaften zu Selbstreflektion und Veränderung. Doch auf der Suche nach Wahrheit kann es schnell passieren, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Die Medien sollten vermeiden, ganze Religionsgemeinschaften falsch darzustellen, indem sie nur eine Handvoll Stimmen zu Wort kommen lässt.

Es ist problematisch, wenn Nachrichten über Krisen in einer Religion so stark dominieren, dass letztlich nur eine Reihe negativer Stereotypen entsteht und somit Millionen von Menschen und ihr Glaube falsch dargestellt werden. Das führt zwangsläufig zu Misstrauen zwischen den verschiedenen Gemeinschaften, und diese Spannungen schädigen vor allem diejenigen, die am wenigsten in der Lage sind, das Bild ihres Glaubens in der Öffentlichkeit zu beeinflussen.

Gemäß einer Studie des Pew Research Center von 2012 gehören etwa 84 Prozent der Weltbevölkerung einer Religion an. Der Glaube und die gelebte Erfahrung dieser großen Gruppe Gläubiger sollte dargestellt, untersucht und durchaus auch kritisch hinterfragt werden – jedoch in einer Art und Weise, die die Fakten beleuchtet. Die Geschichten der „normalen“ Gläubigen verdienen es, erzählt zu werden.

Es ist notwendig, Wissen und Sensibilität der Journalisten zu fördern. Ebenfalls notwendig ist aber auch, dass Religionsvertreter darin geschult werden, in den Medien und im Internet für sich selbst zu sprechen. KAICIID, die erste interreligiöse, zwischenstaatliche Organisation der Welt, arbeitet an genau diesen Zielen. In diesem Jahr hat KAICIID ein englischsprachiges Handbuch für Journalisten mit dem Titel „Images of Faith: Encouraging Self-Representation in the Media” mit Tipps für Reporter und interreligiösen Dialogexperten veröffentlicht, das kostenfrei erhältlich ist. KAICIID bietet außerdem Trainingsprogramme für Religionsvertreter und Dialogexperten an, in denen es im Hinblick auf soziale Medien, Nachrichtenmedien und andere Informationsquellen um den adäquaten Einsatz von Medien geht.

Indem wir die Stimmen repräsentativer Religionsvertreter verstärken und Journalisten dazu ermutigen, bei der Auswahl ihrer Quellen für die Berichterstattung über Religionen sorgsamer vorzugehen, können wir für ein wahrheitsgetreueres öffentliches Bild der Religionen sorgen. Und das ist ein Ergebnis, das allen zugute kommt.