Direkt zum Inhalt

KAICIID-GENERALSEKRETÄR BEIM 30. JAHRESTAG DES RELIGIÖSEN GIPFELTREFFENS AUF DEM BERG HIEI

03 August 2017

KAICIID-Generalsekretär Faisal Bin Muaammar

30. Jahrestag des religiösen Gipfeltreffens auf dem Berg Hiei:

„Terrorismus und Religion – Wie gläubige Menschen mit gewaltsamem Radikalismus umgehen und diesen bekämpfen können“

 

Exzellenzen, verehrte Religionsvertreter, meine Damen und Herren,

Es ist mir eine große Ehre, dieser bedeutenden Zusammenkunft religiöser Friedensstifter beizuwohnen, um den dreißigsten Jahrestag eines der wichtigsten religiösen Gipfeltreffen der Welt hier in der Nähe des Bergs Hiei zu begehen.

Erlauben Sie mir, meine tiefe Wertschätzung gegenüber Generalsekretär Doyu Todal und den Vertretern der Japan Conference of Religious Representatives zum Ausdruck zu bringen.

Heute betrachten wir unsere Rolle bei der Abwehr von gewaltsamem Extremismus.

Wenn wir über das Leid nachdenken, das Extremismus verursacht, geraten manche Menschen in Versuchung, die Hoffnung aufzugeben. Dieses Treffen dient der Welt als gelebtes Engagement, dass wir niemals die Hoffnung verlieren werden.

Wir werden niemals ruhen, bis Frieden herrscht.

Die Welt, die wir mit Extremisten und Terroristen teilen, ist durch Technologie geprägt und immer weniger durch Ethik und Empathie.

Wir vernetzen uns über Technologie, aber wir schaffen keine Verbindung im Geist oder in der Seele. Genau diese Technologie, die weltweite Netzwerke aufbaut, wird auch zur Verbreitung von Hass, Vergrößerung von Kluften, Förderung von Vorurteilen und Schaffung von Isolation eingesetzt.

Dennoch gibt es eine Technologie, die uns dabei helfen kann, die Angst und Vorurteile gegenüber dem Anderen zu überwinden.

Diese Technologie nennt sich Dialog und Bildung.

Dialog hilft uns, gegenseitiges Vertrauen zu schaffen. Bildung überwindet Unkenntnis und ersetzt Klischees durch Wissen.

Wenn wir einander kennen, können wir die Identitäten und Traditionen des Anderen wertschätzen. Wenn wir einander wertschätzen, werden wir uns gegenseitig schützen und vor Konflikten zurückschrecken.

In letzter Zeit bestand die Standardlösung für den Umgang mit politischem und religiösem Extremismus und den sich daraus ergebenen Konflikten häufig in Militäraktionen.

Diese Lösungen haben den Konflikt nicht beseitigt, sondern in der Tat verschlimmert und die Minderheit politischer und religiöser Extremisten angeheizt, die Konflikte und menschliches Leid für ihre eigenen Zwecke auszunutzen.

Der Lärm dieser überlauten Minderheit von Extremisten hat die Stimmen der ungehörten Mehrheit von Gläubigen und religiösen Würdenträgern, die gemeinsam eine enorme Kraft besitzen, um echte Lösungen für dauerhaften Frieden, Toleranz und Mäßigung herbeizuführen, erstickt.

Die positive Botschaft ist, dass die Lehren aller Glaubensrichtungen den Schlüssel im Kampf gegen Extremismus darstellen.

Tatsächlich kann die Macht der gläubigen Mehrheit auch ein wirksames Mittel zur Veränderung der Wahrnehmungen einer Religion und ihrer Anhänger durch die „Anderen“ liefern.

In den letzten Jahren haben die Aktionen einer Minderheit von religiösen Extremisten unfaire Klischees über friedliebende Muslime auf der ganzen Welt auflodern lassen, die aufgrund derjenigen Personen, die andere Formen des Extremismus praktizieren, zu Unrecht unter dem Etikett von „Terroristen“ oder „Extremisten“ zusammengefasst werden.

Unser heutiges Treffen bekräftigt daher den Wert des Dialogs mit dem „Anderen“. Nur wahres Verständnis kann Extremismus wirklich besiegen.

Bei meinem Beruf geht es um Dialog. Heute vertrete ich das internationale Dialogzentrum KAICIID, das sich der Förderung des interreligiösen Dialogs widmet, um unsere Welt zu verbessern. Wir haben eine Vision: Religionsvertreter bei ihrem Einsatz gegen Extremismus zu unterstützen.

Durch Dialog und Bildung sind Religionsvertreter, politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft meines Erachtens in der Lage, Extremismus zu verhindern, indem sie Empathie für das „Andere“ unter den 80 Prozent der Weltbevölkerung mit religiöser Identität verbreiten.

Natürlich bin ich mir im Klaren, dass dies eine langfristige Vision ist und dass diese Vision geteilt werden muss, um Erfolg zu haben.

Im Gegensatz zu dieser Vision wissen wir, dass Extremisten heute Terror einsetzen, um an die Macht zu gelangen und Gemeinschaften zu zerstören. Wir müssen uns zusammenschließen, um den sozialen Zusammenhalt und die gemeinsame Bürgergesellschaft zu schützen. 

Sie manipulieren religiöse Lehren zur Rechtfertigung von Mord und Gewalt. Wir müssen den Menschen beibringen, dass Extremisten lügen.

Alle Religionen schätzen Gnade, Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Alle Regionen suchen Frieden für alle.

Was kann der Dialog bewirken, um Extremismus und Terrorismus zu verhindern? Gut, wir brauchen nachhaltige und integrative Lösungen.

Zu meiner großen Freude kann ich sagen, dass die Vereinten Nationen und viele Vertreter der internationalen Gemeinschaft nun erkennen, dass religiöse Würdenträger und politische Entscheidungsträger ein gemeinsames Anliegen haben.

Beide müssen ein friedvolles Zusammenleben wahren. Beide müssen in Gemeinschaften Widerstand gegen den Virus von extremistischem Hass und Gewalt aufbauen. 

Im Laufe der Geschichte hat das Wachstum politischer wie religiöser Ideologien die Kluft zwischen Religion und Staat verstärkt.

Dennoch können Religionsvertreter und politische Entscheidungsträger Extremismus aus meiner Sicht gemeinsam besiegen. Gemeinsam können sie die Infrastruktur für Dialog und Bildung errichten, die jedem eine Chance bietet, das Andere in der Gemeinde zu verstehen und sogar zu schätzen.

Ein Beispiel: Vor rund zwei Jahren starteten wir eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen an einem Aktionsplan für religiöse Würdenträger und Akteure zur Vermeidung und Bekämpfung der Aufstachelung zur Gewalt, die zu Gräueltaten führen könnte. Letzten Monat wurde der Plan in New York durch den UN-Generalsekretär ins Leben gerufen.

Wir bezogen über 200 Religionsvertreter aus mehr als 70 Ländern ein. Der Plan bringt religiöse Würdenträger und die erforderlichen Sozialpartner zusammen, um Extremismus entgegenzutreten, der Gewalt auslösen kann.  Sie werden Hassreden in Gebetsstätten, in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien entgegenwirken. Sie werden Schulungen zur Förderung des Respekts für Anhänger anderer Religionen und Vielfalt anbieten.

Meine Damen und Herren, ich habe beobachten können, wie Dialog Extremismus eindämmt.

Wir haben in Nigeria erfolgreiche Programme zur Friedenstiftung zwischen Christen und Muslimen und in Myanmar zwischen Muslimen und Buddhisten eingeführt.

Im arabischen Raum haben wir das erste Netzwerk muslimischer und christlicher religiöser Fakultäten gestartet. Und Anfang nächsten Jahres planen wir den Launch einer interreligiösen Plattform für den arabischen Raum, die politische Entscheidungsträger und Religionsvertreter zusammenbringt, um in dieser Region eine gemeinsame Bürgergesellschaft zu etablieren.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich daran erinnern, dass die großen gesellschaftlichen Veränderungen in der Geschichte von Religionsvertretern angeführt wurden.

In der Vergangenheit überwanden sie Hürden, von denen viele andere dachten, sie seien unüberbrückbar.

Religiöse Würdenträger trugen zum Ende der Sklaverei, des Kolonialismus, der Segregation und der Apartheid bei. Sie bewegten Regierungen dazu, den Schwachen, Arbeitern, Frauen und Kindern Rechte einzuräumen.

Mit Ihrer Hilfe kann die Vision einer weltweiten Dialog- und Bildungsinfrastruktur Wirklichkeit werden.

Mithilfe gewaltloser, nachhaltiger und integrativer Mittel können wir Extremismus aus unseren Gemeinden vertreiben.

Herzlichen Dank.