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Interreligiöser Dialog in einer Migrationsgesellschaft - eine katholische Perspektive

30 November 2017

Wie können Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion in Frieden zusammenleben? Prof. Dr. Regina Polak von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und anerkannte Religionswissenschaftlerin im Kontext der Migration, widmet ihre Forschung der Beantwortung dieser dringenden Frage. Im Internationalen Dialogzentrum (KAICIID) stellte sie ihre Erkenntnisse im Rahmen der KAICIID-Vortragsreihe "Religionen im Dialog" unter dem Titel "Interreligiöser Dialog in einer Migrationsgesellschaft: Eine katholische Perspektive" vor.

Prof. Dr. Polak skizzierte den Begriff "Migrationsgesellschaft" in einem globalen Kontext und in Bezug auf die Situation in Deutschland und Österreich. Sie beschrieb Europa als eine transnationale Gesellschaft, in der die Bürger von mehr als einem Ort kommen, den sie als Heimat bezeichnen, wodurch der klassische Gegensatz von Heimat und Fremde lange vor Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise verschwamm. Die beispiellose Zunahme von Asylsuchwerbern zerrte jedoch an dem Gefüge der österreichischen und deutschen Gesellschaft. Die „Krise“ stellte Europa vor eine immense Herausforderung und eine Chance, während sie zugleich die beste und die schlechteste Seite in der menschlichen Natur zeigte. Zum einen konnten wir eine beeindruckende gemeinsame Antwort der Zivilgesellschaft, eine Erhöhung der Spendenbeiträge und ein großes kirchliches Engagement erleben. Zum anderen dominierten Probleme und Konflikte die Medienberichterstattung und zeichneten ein verzerrtes Bild einer begrenzten Bereitschaft zur Vertiefung der Integration und einer Ablehnung von Pluralität und Vielfalt.

Im Kontext der Migration verwies Prof. Dr. Polak auf die Bedeutung des interreligiösen Dialogs als Chance für neue und bereichernde Möglichkeiten. Dieser Dialog ist zudem notwendig, um von anderen zu lernen und seine Ansichten zu erweitern. Sie erläuterte, dass zentrale theologische Einsichten im Kontext von Migrationserfahrungen gewonnen wurden, wie etwa das Leben in der babylonischen und römischen Diaspora und der Aufbruch aus Ägypten in die Fremde, und so zeigen, wie wichtig es ist, aus der gegenwärtigen Situation zu lernen wie es schon die Heilige Schrift in alten Zeiten vorgibt.

Als katholische Theologin erklärte sie, dass der interreligiöse Dialog seit der Erklärung des II. Vatikanischen Konzils über die Beziehung der Kirche zu anderen nichtchristlichen Religionen ("Nostra Aetate" oder "In unserer Zeit") nicht nur ein Mittel zum Zweck sei, sondern ein Selbstzweck, um die Einheit der Menschheit in Vielfalt zu erkennen und zu fördern. Über zwei Jahrzehnte später, 1991, identifizierte der Päpstliche Rat für Interreligiösen Dialog in seinen Reflexionen "Dialog und Verkündigung", vier Dialogebenen: Dialog des Alltags, des Lebens, genannt auch kultureller Dialog; Dialog des Handelns, das heißt gemeinsamer Einsatz und Kooperation für Friede, Freiheit, Gerechtigkeit, Umwelt, gennant auch sozialer, moralischer oder politischer Dialog; Dialog des religiösen und theologischen Austausches der Experten und Religionsvertreter, kognitiv ausgerichteter Dialog; und Dialog der religiösen bzw. spirituellen Erfahrung und Praxis, bei der man sich auf die spirituelle Erfahrung des Anderen einlässt. Abschließend betonte sie erneut, wie wichtig es ist, den interreligiösen Dialog für ein besseres Verständnisses zwischen den Menschen, insbesondere in einer Migrationsgesellschaft, zu fördern.

 

Religionen im Dialog – Vortragsreihe

KAICIID veranstaltet regelmäßig öffentliche Vorträge auf Deutsch über Weltreligionen, interreligiösen Dialog und Koexistenz in seiner historischen Zentrale in Wien. Der nächste Vortrag wird am 18. Januar 2018 von Prof. Dr. Paul Zulehner zum Thema "Quellen der Angst und wie man sie überwinden kann" stattfinden. Um sich zu registrieren und unserer Mailingliste hinzugefügt zu werden, senden Sie uns eine E-Mail an [email protected]