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Eine Kultur des Friedens schaffen: Religiöse Führungspersönlichkeiten fördern Resilienz und Solidarität in Nigeria

14 April 2023

Die Wahlen in Nigeria sind geschlagen, doch die Nachwirkungen sind im bevölkerungsreichsten Land Afrikas weiterhin deutlich zu spüren. In einigen Bundesstaaten müssen die Wahlen wiederholt werden. Kandidaten, die verloren haben, erheben den Vorwurf der Wahlfälschung, und Oppositionsparteien haben rechtliche Schritte eingeleitet. In mehreren Bundesstaaten müssen die Gemeinschaften mit einem Aufflammen der Gewalt fertig werden.

Die zunehmenden Spannungen aufgrund verschiedener religiöser und ethnischer Konflikte haben diese Wahl besonders heikel gemacht und die Bevölkerung Nigerias stärker polarisiert als je zuvor. In dieser Situation kommt den religiösen Führerinnen und Führern eine wichtige Rolle zu, sei es bei der Förderung des Friedens und des interreligiösen Dialogs während des vergangenen Wahlprozesses oder indem sie ihre Anhängerinnen und Anhänger in den kommenden heiklen Wochen von Gewalt abhalten.

 

„Vorurteile haben sich aufgestaut und die Wahl hat diese Probleme ans Tageslicht gebracht“, sagt Lantana Abdullahi, KAICIIDs Projektbeauftragte in Nigeria. „Viele Menschen zweifeln am Ergebnis der Wahlen und haben kein Vertrauen in den Wahlprozess.“

 

Ein wichtiger Partner bei diesen Bemühungen ist das „Interreligiöse Dialogforum für Frieden“ (IDFP). Mit der Unterstützung von KAICIID hat dieses Netzwerk aus religiösen Führerinnen und Führern, politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern und Interessenvertreterinnen und -vertretern der Zivilgesellschaft Projekte mit lokalen Gemeinschaften durchgeführt. Außerdem wurde eine Friedenskonferenz abgehalten, um für Ruhe während der Wahlen zu sorgen.

Religion spielt in der gesamten nigerianischen Gesellschaft eine einflussreiche Rolle. Mehr als 90 Prozent der 216 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner bekennen sich zu einem Glauben, die meisten davon zum Christentum oder Islam.

 

„Die meisten von uns gehen in die Kirche oder in die Moschee“, sagt Emeka Ugwuanyi, juristischer Berater beim IDFP und Co-Leiter des Wahlprojekts. „Wir verehren unsere religiösen Führer. Wir schätzen sie sehr und sehen sie als Vertreter Gottes. Deshalb hören wir auf alles, was sie uns als Ermutigung oder Auftrag predigen“, fügt er hinzu.

 

Das Interreligiöse Dialogforum für Frieden (IDFP) hat ein Projekt zur Verbesserung der Fähigkeiten von 154 religiösen Führungspersönlichkeiten, politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern und der Zivilgesellschaft entwickelt und durchgeführt, um wirksame Strategien zur Verhinderung von Gewalt im Vorfeld der Wahlen zu entwickeln und gleichzeitig Möglichkeiten zur Vertrauensbildung und Zusammenarbeit zu schaffen.

Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern war auch Enwere Belusochukwu, der Vorsitzende des Bereichs Jugend beim Christenverband Nigerias. Er nahm das Projekt als eine große Chance wahr, denn für ihn bot es eine enorme Chance.

 

„Wir sind alle zusammengekommen und haben viele Schulungen erhalten, die uns wertvolle Informationen für unser Leben vermittelt haben“, so Belusochukwu. „Wir können jetzt an die Basis gehen und diese wichtigen Lektionen weitergeben.“

 

„Der Trick ist, klein anzufangen und später in der Breite zu wirken“, sagt er. „Man muss bei sich selbst anfangen und sich dann ausbreiten: zuerst in der eigenen Familie, dann in der eigenen Gemeinde und schließlich in einer größeren Gruppe.“

Im Geiste dieser wichtigen Lektion veranstaltete Belusochukwu ein spezielles „friedensförderndes Abendessen“ mit Familie, Freundinnen und Freunden. „Während des Essens sprach ich mit ihnen und betonte, wie wichtig es ist, mit seinen Nachbarn immer friedlich zu bleiben. Es war ein wunderbarer Moment.“

Die Plattform veranstaltete auch ihre jährliche Friedenskonferenz zum Thema „Religion und Ethnizität: Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 2023 absichern“. Hunderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Gemeinden in ganz Nigeria, die den Islam und das Christentum vertraten, empfingen eine eindringliche Botschaft der Einigkeit. Die Auswirkungen dieser Projekte waren klar spürbar.

 

„Wir haben vor nichts Halt gemacht, um sicherzustellen, dass wir allen sagen, dass Frieden die Lösung ist“, so Belusochukwu. „Wir gingen in Kirchen, auf Marktplätze und vieles mehr. Wir haben uns mit Dorfvorstehern und Jugendgruppenleitern getroffen. Was wir predigen, ist Toleranz. Unser zentrales Anliegen ist es, Brücken zwischen den religiösen Gruppen zu bauen, damit die Nigerianerinnen und Nigerianer friedlich leben können.“

 

Indem die Fähigkeit des Netzwerks zur Beantragung von Mitteln, zur Diversifizierung der Partner und zum Aufbau von Beziehungen zur Regierung gestärkt wird, soll das IDFP im Laufe der Zeit nachhaltig und völlig unabhängig werden.

Außerdem werden Programme zur Versöhnung durchgeführt, die religiöse Führer und Glaubensgemeinschaften einbeziehen, um Einigkeit, Vergebung und die Suche nach gerechten Wegen zur Lösung von Problemen zu fördern.

Ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von gewalttätigen Krisenherden sind die Interreligiösen Dialogeinheiten (IDUs). Diese Teams helfen beim Erkennen und Lösen von Konflikten in zehn Bundesstaaten, indem sie Streitigkeiten zwischen Gemeinschaften, die Unruhen auslösen können, genau beobachten. Die im Jahr 2020 eingerichteten Teams dienen als Plattform für verschiedene Interessengruppen in Regionen, die von religiöser und ethnischer Gewalt betroffen sind. Ihr Ziel ist es, die Beteiligung und das Engagement religiöser Führerinnen und Führer bei der Konfliktprävention und -beilegung zu stärken und gleichzeitig die Faktoren zu bekämpfen, die zu den Unruhen beitragen.

 

„Wann immer wir einen potenziellen Konflikt erkennen, schicken wir unsere Mitglieder zur Sondierung und Schlichtung“, erklärt Ugwuanyi von IDFP. „Wir erfassen Frühwarnzeichen für Konflikte und versuchen, diese schnell im Keim zu ersticken. Das hat uns geholfen, Frieden zu schaffen.“

 

Das einzigartige Vertrauen und das spirituelle Ansehen, das religiöse Führerinnen und Führer in ihren Gemeinschaften genießen, machen sie zu einer starken Kraft, die eine stabilere und harmonischere Zukunft für ihre lokalen Gemeinschaften und für Nigeria als Ganzes sichern kann.