Der neue EU-Aktionsplan für soziale Inklusion zeugt von Entschlossenheit, integrative Gesellschaften zu fördern

Der Autor Johannes Langer leitet KAICIIDs Programm zur sozialen Inklusion von Menschen, die in Europa Zuflucht suchen. Jedes Jahr ist er federführend an der Organisation des Europäischen Forums für politischen Dialog über Flüchtlinge und MigrantInnen (EPDF) beteiligt. Diese KAICIID-Plattform bringt wichtige Akteurinnen und Akteure zusammen, die an der sozialen Inklusion von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten in Europa arbeiten.
Ende November veröffentlichte die Europäische Union den "Aktionsplan für Integration und Inklusion 2021-2027", der auf dem Aktionsplan des Jahres 2016 aufbaut. Er umreißt Maßnahmen, Prinzipien und unterstützende Mechanismen zur Förderung der "Inklusion für alle". Der Plan geht auch auf Hindernisse für Integration ein, die die volle gesellschaftliche Teilhabe von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten beeinträchtigen können.
Der Aktionsplan ist ein wichtiges und zeitgemäßes Dokument, das für alle von uns, die im Bereich der sozialen Inklusion von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten arbeiten, relevant ist und alle ermutigt, sich für diesen neuen Schritt hin zu einem inklusiveren Ansatz einzusetzen.
Das Dokument ersetzt den vorherigen Aktionsplan für die Integration von Drittstaatsangehörigen und stellt einen Schritt hin zum Aufbau eines Narrativs von diverseren und integrativeren Gesellschaften dar. Durch den Fokus auf "Inklusion für alle" verkörpert der neue Aktionsplan die Bereitschaft der EU, dafür zu sorgen, dass alle Menschen, die in der EU ankommen und sich dort aufhalten, die Möglichkeit haben, ein würdiges Leben zu führen und aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben.
Gesellschaftliche Eingliederung und Integration sind kein einseitiger Prozess, der von Migrantinnen und Migranten allein zu bewältigen ist, sondern ein gesellschaftlicher Prozess, der uns alle betrifft. Integration ist ein zweiseitiger Prozess, der „Anstrengungen sowohl von der Person als auch von der Aufnahmegesellschaft erfordert“.
Wie der Aktionsplan richtig hervorhebt, können und sollten Integration und gesellschaftliche Teilhabe ein Win-Win-Prozess sein, von dem die gesamte Gesellschaft profitiert. Akteurinnen und Akteure im Integrationsbereich haben erkannt, dass für den Erfolg ein bilateraler Prozess erforderlich ist. Dabei wird Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten Unterstützung bei der Integration angeboten. Im Gegenzug bemühen sie sich, aktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Die EU hat ihr Engagement für kohärente Integrationsprozesse nochmals unterstrichen. Diese Prozesse beruhen auf der sozialen und kulturellen Inklusion von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten und ihrer aktiven Teilhabe an den europäischen Gesellschaften. Die EU stellt ihren Einsatz für sinnvollen Austausch und Dialog unter Beweis und würdigt so die Vielfalt. Dies ist machbar, wenn es starke Partnerschaften gibt und die richtigen Akteurinnen und Akteure miteinander in Kontakt stehen.
KAICIID versucht mit seinen Programmen dieses Ziel durch den Einsatz von interkulturellem Dialog zu fördern. Ein Beispiel dafür ist das Europäische Forum für politischen Dialog über Flüchtlinge und MigrantInnen (EPDF). Das erste Forum fand im Oktober 2019 in Athen statt, das zweite am 3. und 4. November 2020. Es wurde von KAICIID gemeinsam mit dem Netzwerk für Dialog, der Unterstützung des deutschen Auswärtigen Amtes und der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland organisiert. KAICIID trat in seiner Rolle als Vermittler auf, um politische Entscheidungsträgerinnen und -träger, religiöse Führungspersönlichkeiten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft zusammenzubringen, damit sie voneinander lernen und die Politik der sozialen Integration stärken können.
Wir begrüßen insbesondere den Fokus des Aktionsplans auf Migrantinnen und die Notwendigkeit, stärkere Maßnahmen zur Förderung ihrer Integration zu ergreifen. Frauen mit Migrationshintergrund sind in der Regel mit einer zweifachen Hürde bei der Integration konfrontiert: als migrierende Personen und auch als Frauen. Untersuchungen haben immer wieder gezeigt, dass ihre Jobchancen geringer sind als die von Männern mit Migrationshintergrund und von Frauen ohne Migrationshintergrund. Ihre Teilhabe an der Gesellschaft des Aufnahmelandes und ihre Fähigkeit, die vorhandenen Integrationsmöglichkeiten zu nutzen, werden oft durch ihre Verantwortung für Familie und Kinderbetreuung behindert.
In der Folge sind sie oft überqualifiziert für die Jobs, die sie ausüben, oder können nur Teilzeitbeschäftigungen annehmen. Diese Probleme wurden im KAICIID-Flüchtlingsprogramm aktiv angegangen, indem Dialogreihen speziell für Frauen entwickelt wurden. Diese mündeten in ein Toolkit, das kostenlos auf unserer Website zur Verfügung steht und im nächsten Jahr als Online-Kurs verfügbar sein wird.
Der Aktionsplan weist auch auf die wichtige Rolle von Kirchen und Religionsgemeinschaften bei der Verwirklichung einer tatsächlich effektiven und umfassenden Integrationspolitik hin. Wir bei KAICIID sind davon überzeugt, dass Religionsgemeinschaften und religiöse Persönlichkeiten eine Schlüsselrolle in Integrationsprozessen spielen, die oft übersehen wird. Sie kümmern sich um die Aufnahme und Beherbergung von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten, seelsorgerische und pädagogische Unterstützung, die Bereitstellung eines sozialen Unterstützungssystems bis hin zur Schaffung eines Raums für Dialog und Integration zwischen den Aufnahmegemeinschaften und den Flüchtlingen und Migranten. Religionsgemeinschaften stehen an vorderster Front der sozialen Integrationsprozesse. Die aktive Einbindung religiöser Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen Religionen, wie Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum, wird es uns ermöglichen, ein Europa mit stärkerem Zusammenhalt aufzubauen. Wir verwirklichen dieses Beispiel durch unsere Unterstützung des Netzwerks für Dialog, das im März 2019 offiziell gegründet wurde. Die 25 Mitglieder sind religiöse und säkulare Organisationen, die an der sozialen Inklusion von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten arbeiten und den interkulturellen oder interreligiösen Dialog in ihrer Arbeit nutzen.
Beim 2. Europäischen Forum für politischen Dialog wurden viele dieser Themen im Detail untersucht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums sprachen mehrere Empfehlungen aus, sowohl für die EU als auch für nationale Regierungen. Dabei ging es insbesondere um Ausbildung, den Aufbau von Kapazitäten und die Finanzierung von formalen und nicht-formalen Bildungssystemen. Wir freuen uns darauf, die Umsetzung dieses Aktionsplans durch das Forum, das Netzwerk für Dialog, unser Flüchtlingsprogramm und andere Mechanismen zu unterstützen.